Es ist Samstagnachmittag. Ich fahre mit meiner Frau und meiner kleinen Tochter, welche gerade unglaublich Freude am soeben eingebauten neuen Kindersitz hat, in das schöne aber heute verregnete Metzerlen um im Hofladen frisches und noch warmes "Buurebrot" und einen leckeren "Holzofenzopf" für unseren sonntäglichen "Zmorge Gnuss" zu holen.
Nach einer kurzen Fahrt über die nahegelegene solothurnische Kantonsgrenze erreichen wir unser Ziel und begutachten die frische Ware. Bereits zu diesem Zeitpunkt fällt mir ein mausgrauer Subaru auf, in welchem ein älterer Herr sitzt und mit offenem Fenster klassische Musik im Stil von einem "Apokalypse" Endzeit Epos in den idyllischen und verschlafenen Dorfkern schmettert. Die Instrumente des Orchesters hallen zu Richard Wagners "Walkürenritt" aus den vibrierenden Lautsprechern während die Rückspiegel des Vehikels sich im Takt bewegen.
Frische knusprige Schoggiweggli, den erwähnten Zopf, ein Baguette anstatt dem versprochenen Buurebrot und ein kleines Glas eingelegte Pepperocchini werden eingetütet. Soweit so gut, wir erreichen den Parkplatz, schnallen unsere kleine Tochter an, steigen ein und lassen die Autotüren ins Schloss fallen nachdem wir uns auf unserem Sitzfleisch auf den viel zu weichen Autositzen eingefunden haben.
Im Schritttempo fahre ich an den parkierten Autos vorbei und erkenne erneut den grauen Subaru welcher rückwendig versucht aus dem Parkplatz herauszufahren. Ich warte kurz und sehe dass das Fahrzeug anhält damit wir weiterfahren können. Noch während ich am Subaru vorbei fahre, erkenne ich seine weissen Rückfahrlichter aus meinem Augenwinkel während er sein Fahrzeug zurücksetzt. Ich hupe aber aufgrund der lauten Musik hört er nichts und rammt den unschuldigen kleinen Mitsubishi fahrerseitig. Die beiden Japaner sind ineinander verkeilt. Ich bin natürlich auf 180 als ich aus dem Auto steige und möchte den Mann zur Rede stellen. Gollum klettert ebenfalls aus seinem in die Jahre gekommenen Fortbewegungsmittel und brüllt in meine Richtung, was mir eigentlich einfällt, das ich in sein Auto gefahren bin und dass ich Schuld sei an diesem Zwischenfall. Mir platzt fast der Kragen "so unnötig" denke ich für mich, denn die Situation ist für mich glasklar. Der alte zornige Mann wird immer lauter und unangenehmer.
Der Schaden scheint für mich eine Lappalie zu sein (kleiner Blechschaden) und ich möchte dies eigentlich ohne polizeilichen Support lösen, es handelt sich ja lediglich um einen Versicherungsfall und die unterbesetzten Beamten haben weiss Gott besseres resp. wichtigeres zu tun. Doch der Mann lenkt nicht ein und will sich seiner Schuld nicht bewusst werden. Nicht einmal die sanfte und beruhigende Stimme meiner Frau lässt den kurz vor dem Herzinfarkt stehenden Mann zur Ruhe bringen während meine kleine Tochter vor lauter Geschrei verängstigt und mit Tränen in den Augen im Kindersitz sitzt.
Jetzt hauts mir wirklich den "Nuggi use" und mir bleibt nichts anderes übrig als "den Freund und Helfer" beizuziehen. Lächerlich aber mein Gegenüber beruhigt sich nicht und dabei sollte eigentlich Ich der jenige sein der an die Decke geht. 117 gewählt und kurz darauf stehen die beiden sehr freundlichen und sachlichen Solothurner Polizisten, welche gerade von einer Kontrollfahrt aus Breitenbach eintreffen vor uns. Das Protokoll wird aufgenommen, obwohl sich mein Kontrahent in kurzen Hosen und braunen Jesuslatschen immer noch im Recht fühlt, bremst ihn der souveräne Beamte umgehend aus und bestätigt meine Einschätzung. Wer rückwärts aus einem Parkplatz herausfährt hat keinen Vortritt, die Situation ist völlig klar. Nächstes mal sollten sie viellicht jemanden herbeiziehen wenn das Rückwärtsfahren unübersichtlich ist oder wenn sie sich nicht mehr sicher fühlen sogar darüber nachdenken ob sie nicht mehr fahren sollten. Fremdschäm Moment, aber gut für mich denn die Beamten erkennen mein Ärgernis.
Im parkierten Auto werden Frau und Kind langsam ungeduldig. Natürlich hätten wir uns den Samstagnachmittag weitaus entspannter vorgestellt. Im strömenden Regen füllen wir noch das Unfallprotokoll aus. Nach Erhalt der Kopie begebe ich mich tropfnass zum verwundeten Japaner und wir verlassen den Schauplatz auf direktem Weg nach Hause.
Shit happens!
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