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Die Kieselsteine aus dem Rhein


Lange Zeit war es nur Besuchern von Roche Mitarbeitern vorbehalten das höchste Gebäude der Schweiz in der Stadt am Rhein nach dessen Eröffnung im 2015 zu besichtigen. Aber dank der Zusammenarbeit mit Basel Tourismus werden seit einiger Zeit unentgeltlich Führungen im Roche Bau-1 durchgeführt.


Bei einer Gruppengrösse von max. 20 Personen wird einem anlässlich einer einstündigen Tour das Gebäude näher gebracht. Wir haben Glück und erhalten eine exklusive Führung. Anscheinend hat kein anderer Lust an diesem frühen Samstagvormittag der ersten Führung um 09.00 beizuwohnen. Anscheinend das erste mal dass die Führung nicht ausgebucht ist. Gut für uns! Nachdem wir unsere Personalien angegeben haben und unsere Identitätskarte am Empfang deponiert haben erhalten wir einen Besucherbadge. Zwei nette Damen und ein Sicherheitsmitarbeiter nehmen uns in Empfang. Wir passieren einen Sicherheitscheckpoint ähnlich wie am Flughafen und lassen den Metalldedektor ohne Alarm hinter uns. Gott sei Dank wird auf den Fingerabdruck verzichtet. Im Visitorbereich im Erdgeschoss wird uns anhand von Modellen die Areal Situation dieses eindrucksvollen Bauwerkes vermittelt. Natürlich immer unter den Adleraugen des Sicherheitsbeauftragten der keine Miene verzieht und aufmerksam hinter uns her schleicht.


Der Prestige Bau von den Basler Star Architekten Herzog und De Meuron ist mit seinen 178 Meter nach wie vor das höchste Gebäude der Schweiz und der Hauptsitz des Pharmakonzerns Hoffmann-La Roche , der auch Eigentümer und Bauherr des Bauwerks ist. Das Gebäude umfasst 2000 Arbeitsplätze und wurde in einer 3-jährigen Bauphase zwischen 2012-2015 mit Baukosten von 550 Millionen realisiert.

Natürlich gab es im Vorfeld der Bauphase auch zahlreiche Einsprachen der angrenzenden Anwohner. Diesbezüglich konnte man jedoch mit Kompromissen und Entschädigungen entgegen wirken und die Bevölkerung umstimmen. Unter anderem wurde den Eigentümern des inneren Kreises angeboten die Kosten für eine Dreifach Isolationsverglasung zu übernehmen, um dem Baulärm zumindest bei geschlossenen Fenstern auf ein Minimum zu reduzieren. Viele Anwohner befürchteten berechtigterweise ebenfalls einen Schattenwurf, welchen es je nach Sonnenstand und Tageszeit zu akzeptieren gilt.


Für Schlagzeilen der etwas anderen Art sorgte damals ein sogenannter Roofer. Dieser hatte während der Bauphase den Turm erklommen um oberhalb des Hochhausdaches auf den Baukran zu klettern, um in etwa 200 Metern Höhe seinen spektakulären Instagram Ego-Trip auszuleben. Roche kritisierte diese lebensmüde und strengstens verbotene Aktion scharf. Aus diesem Grund wurden die Sicherheitsvorkehrungen um weitere Auflagen erhöht.

Mittlerweile verlassen wir das Erdgeschoss in Richtung Gebäudekern. Im Herzen des Geschosses begeben wir uns zu einem der zahlreichen Fahrstühle welcher uns direkt in den 38. Stock bringt. Der Fahrstuhl schiesst mit sagenhaften 6 Sekunden pro Stock in den Himmel resp. den Liftschacht hinauf. Wir steigen aus und begeben uns in die Pebbles Lounge in welcher man einen atemberaubenden Rundum Blick über die ganze Stadt hat. "Pebbles" hat nichts mit der rothaarigen süssen kleinen Tochter der Feuersteins zu tun. Die Lounge wurde nach den "Kieselsteinen" welche aus dem angrenzenden Rhein gewonnen wurden und in den Steinplatten des Boden verewigt wurden benannt. In der Lounge welche ausschliesslich für Mitarbeiter und deren Besucher zugänglich ist befindet sich auch eine grosszügige Bar. Hier kann man auch nach Feierabend ein entspanntes Glas Rioja oder Ähnliches mit einem unvergleichbaren 360° Blick ins Dreiländereck geniessen. Wir sehen die Hochhäuser der Stadt, welche von hier oben winzig wirken obwohl Sie teilweise auch weit über 100 Meter in den Himmel ragen. Wir sehen die Vogesen, den Jura, nach Deutschland, Frankreich weit über die Landesgrenzen hinaus.


Auch das Tinguley Museum, im Solitudepark am rechten Rheinufer ist von hier oben gut erkennbar. Dieses wurde aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Firma als Geschenk der F. Hoffmann-La Roche AG an die Stadt Basel und Region eröffnet. Neben der permanenten Ausstellung finden auch wechselnde Gastausstellungen von Tinguelys Freunden oder bekannten Künstlern statt. Auch Roche n'Jazz, ein regelmässig stattfindendes Konzert mit wechselnden Jazz Künstlern findet im Museum statt.

Wir fahren mit dem Lift in die unteren Stockwerke, wir scheinen zu fliegen. Der Druck im Mittelohr steigt und mein Trommelfell vibriert im gefühlten freien Fall des Liftes im Liftschacht. Den Kiefer kurz hin und her bewegt und etwas gegähnt und das unangenehme Gefühl verschwindet bereits wieder. Wie auf Federn werden wir auf der Höhe des 4. Stockwerkes abgebremst. Wir begeben und zu einem der Aufenthaltsräume, welche sich auf verschiedenen Ebenen für den täglichen Austausch der Mitarbeiter befinden. Die Inneneinrichtung im Kontrast Modern zu Rustikal überzeugt. Das Mobiliar schlicht aber modern von Vitra. Nun gehts in die Kantine wo im Schnitt mit der eigenen Kochmannschaft ca. 1000 Essen jeden Mittag über den Tresen gehen. Auch der Seminarraum in welchem Symposien, etc. stattfinden überrascht mit einer Bestuhlung von über 500 Stühlen. Die erhöhte Bühne kann ebenerdig versenkt werden um die Sitzplätze nochmals zu erweitern.


Erdbebensicherheit wird gross geschrieben: Vor einiger Zeit wurde der Bau sogar mit dem «Seismic Award – Architektur- und Inge­nieurpreis erdbebensicheres Bauen» ausgezeichnet. Mit einem klassischen und sehr durchdachten Skelettbau als Tragwerk erfüllt das 178 Meter hohe Gebäude vorbildlich die gestellten Anforderungen hinsichtlich massgebender Wind- und Erdbebenbeanspruchungen. So wurde auf Wunsch des Bauherrn für die Erd­bebenauslegung eine auf dem Basler Erdbeben aus dem Jahre 1356 beruhende Einwirkung entwickelt und als Bemessungsgrundlage verwendet. Diese übertrifft bei Weitem die gültigen Normanforderungen und soll sicherstellen, dass der Neubau bei einem SIA-Erdbeben weitgehend schadenfrei und gebrauchstauglich und bei einem möglichen Starkbeben tragsicher bleibt. Es wurde demnach über die Norm hinaus gedacht und in Zusammenarbeit des Planungsteams und des Bauherrn ein Tragwerk entwickelt, das erhöhte Anforderungen erfüllt und höchsten Ansprüchen gerecht wird. Es besteht aus teilweise vorgespannten Stahlbetonflachdecken und Verbundstützen. Die horizontale Aussteifung erfolgt durch vier Kerne, die durch Kopplungsriegel mit bei Starkbeben plastifizieren­den Sollbruch­stellen verbunden sind.

Das Gebäude hat sogar einen Vogel-Notfallknopf. Sollte die Sempacher Vogelwarte Bescheid geben, dass Zugvögel aufbrechen um ihre weite Reise in den Süden anzutreten, wird das komplette Gebäude durch Rolläden verkleidet, dass die Tiere nicht in die glasklaren Scheiben donnern und qualvoll verenden.

Wie bereits erwähnt spielt Kunst bei Roche eine grosse Rolle. Kulturförderung ist ein Teil einer lebendigen Firmentradition. Bereits 1936 hielt Kunst bei F. Hoffmann-La Roche AG Einzug. Seit 1988 die Idee, den Mitarbeitenden Originalkunstwerke für den Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Rund 80 Jahre nach dem ersten Auftragswerk markiert wiederum ein monumentales Kunstwerk den Haupteingang von Bau 1. "Rock on Top of Another Rock" von Fischli/Weiss. Die Steine stammen vom Gotthard Massiv. Am Standort Basel/Kaiseraugst entdecken Sie die ganze Vielfalt der zeitgenössischen Kunst aus der Sammlung mit Fokus auf das Schweizer Kunstschaffen.


Bereits in der Bauphase ist das zweite Hochhaus, welches mit einer Höhe von 205 Metern den ersten Turm noch übertrumpfen wird. Der Turm wächst rasant und soll bereits im 2021 eröffnet werden. Im Schnitt wird alle 2 Wochen ein weiterer Stock auf die bereits bestehenden drauf gesetzt. Am Schluss wird dann natürlich noch der aufwendig gestaltete Innenausbau finalisiert. Architektonisch wird auch hier ebenfalls auf den Kontrast von Moderne und rustikalen Holzböden gesetzt was dem ganzen einen spannenden zeitlosen Charakter gibt.

Es lohnt sich absolut an einer Tour teilzunehmen. Allein schon wegen der phänomenalen Aussicht über die wunderschöne Stadt am Rhein - Viel Vergnügen!


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