top of page
Suche
Autorenbildmarcominnig

Kapitel 9 - Sydney


Die Jet Star Maschine hebt ab Richtung Sydney. Etwas stimmt nicht an Bord, werde ich bis heute nicht erfahren aber das Flugzeug kreist etwa gefühlte 10 Mal über Sydney bevor wir endlich landen. Es ist regnerisch in der grössten Australischen Stadt mit seinen 4.1 Millionen Einwohnern. Ich bin krank, habe mir irgend eine miese Erkältung eingefangen, leichte Fieberschübe, Schweissausbrüche, etwas Kopfweh, auch das noch. Unglücklicherweise sind auch die Unterkünfte in Sydney derzeit sehr gefragt und ich finde so kurzfristig nur noch ein Zimmer für über 220 Aussie Dollar pro Nacht. Mein Budget schrumpft, aber was soll ich machen, ich bin froh dass ich eine Bleibe für die nächsten 2 Nächte habe vor allem auch wegen meiner körperlichen Verfassung.

Ich schalte erst einmal einen Gang zurück und zelebriere einen kleinen Netflix Marathon und konsumiere trotz meinem angeschlagenen Zustand ordentlich Junk Food in Form von etlichen Schoko-Riegeln, Kartoffelchips und dergleichen. Man könnte meinen ich wäre schwanger auch ohne die klischeehaften Salzgurken. Zumindest wächst der Bauch, dank der zahlreichen Kalorien, welche ich mir genusslos und aus purer Langeweile in den Rachen schiebe.

Nachdem ich die Nacht überstanden habe und ich mich tatsächlich etwas erholt habe schaue ich mir das weltbekannte Opernhaus von Sydney aus der Nähe an. Im Anschluss kaufe ich mir ein Fährenticket und fahre zum zoologischen Garten von Sydney. Die 30-minütige Vogelschau ist obwohl ich mich nicht wirklich als Ornitologe bezeichnen würde, sehenswert. Die schweren und grossen Vögel kreisen über unseren Köpfen und zeigen für ein wenig Vogelfutter wahrhafte Kunstwerke vor einer atemberaubenden Sicht auf den Hafen von Sydney. Ich verlasse die Open-Air Arena glücklicherweise komplett ohne Vogelkot auf Haut und Haar und lasse den Zoo mit seiner vielfältigen Tierwelt auf mich wirken bevor es mit der Fähre wieder zurück geht.

Im Hafen angekommen genehmige ich mir einen Snack in einem phänomenalen Burgerladen. Hier gibt mir die völlig abgelöschte und unfreundliche Kellnerin offensichtlich zu wenig Geld zurück. No Go! Ich stelle sie zur Rede. Sie interveniert lautstark und das ganze Restaurant wird auf uns aufmerksam, peinlich. Das sind so die Fremdschämmomente wie früher als ich als kleiner Junge mit meinen Eltern irgendwo im Restaurant war und der liebe Herr Papa sich über die eiskalten Tomaten im Insalata Caprese beschwert hat weil diese nicht im Kühlschrank gelagert werden sollten, man möchte im Boden versinken. Die leicht angepisste und sture Kellnerin besteht auf Ihre Aussage und beharrt darauf mir richtig herausgegeben zu haben. Unglaublich so etwas, natürlich lasse ich mich von dieser unausgeglichenen, leicht giftigen Person nicht als blöden Touri abstempeln und verlange ihren Vorgesetzten an meinen Tisch. Er entschuldigt sich für das unprofessionelle Verhalten seiner Mitarbeiterin und gibt mir mein korrektes Retourgeld zurück. Ich sehe von einer schlechten Bewertung des Restaurants ab, denn der Hamburger war wirklich Weltklasse und eigentlich tun mir die schlecht bezahlten Servicekräfte leid.

Etwas genervt aber zufrieden den Konflikt schlussendlich für mich entschieden zu haben begebe ich mich allmählich zurück in meine Unterkunft für ein kleines Altherren-Schläfchen. Derzeit nächtige ich im Siesta Hostel. Grossartig zentral gelegen günstig und sauber, absolut empfehlenswert. In der gemeinsamen Hostelküche lerne ich Nicole und Glen kennen. Ein holländisches Pärchen welche beide in Sydney einen Job als Koch gefunden haben und dank einer Arbeitsvisa nun 2 Jahre in Sydney verbringen werden. Sympathisch die beiden, denke ich mir während ich das Treppenhaus , Stufe für Stufe hinunter gehe um noch einen kleinen Abendspaziergang zu machen.

Sydney by Night. Ich spaziere im Zentrum der Stadt, ich erkunde Häuserzeile um Häuserzeile, bewege mich durch die Hochhausschluchten von Down Town. Es ist Mitte November, die Uhr zeigt 22.00 und die Temperatur ist immer noch bei tropischen 29° Celsius. Da komme ich trotz der in Weihnachtsschmuck und Lichter gehüllten Gebäude nicht wirklich in Weihnachtsstimmung. Zahlreiche künstliche Tannenbäume erhellen die Nacht in kunterbuntem, kitschigen Weihnachtschein. Weit weg von Vorfreude. Hätte nie gedacht, dass ich trotz meines Weihnachtsfetischs mal etwas anderes behaupten würde und das so kurz vor dem Fest aller Feste.

Als ich durch die Strassen schlendere entdecke ich neben einer Eingangstüre ein Schild auf welchem mit weisser Kreide „Tropical-Rooftop Bar“ geschrieben steht. Das lasse ich mir natürlich nicht entgehen und steige in einen Lift, der die besten Jahre anscheinend schon hinter sich hat. Die Türe schliesst sich vor meinen Augen und der kleine Lift kämpft sich tapfer, ratternd Etage für Etage in den 23. Stock dieses schon etwas älteren Wohn und Geschäftshauses mitten in Sydney. Als sich die Türe in Slow Motion öffnet traue ich meinen Augen kaum. Es eröffnet sich mir eine kleine, grüne Oase in mitten der kargen Hochhauslandschaft. Eine künstlich angelegte Pflanzenwelt wurde auf diesem Flachdach liebevoll gepflanzt. Büsche, Sträucher, sogar kleine Bäume in Keramik Töpfen. Nicht zu vergessen die vielen exotischen Blumen mit ihren nektargetränkten Blüten in jeder erdenklichen Farbe ,wo das Auge hinreicht. Passend dazu die jungen Frauen in ihre bunt gehüllten, leichten Sommerkleidchen welche ausgelassen an ihren farbenfrohen, hochprozentigen Cocktails nippen.

Cocktail für Cocktail wird von den attraktiven Damen geleert, einzig der vergängliche Lippenstift bleibt auf den Gläsern zurück. Gefühltes Paradies, und ich ein Teil davon. Überall idyllische Lichterketten warmweiss strahlend. Mitten drin eine kleine Holzbar mit passendem Holzdach ähnelt einer kleinen Holzbaracke, hinter dem Holztresen der Barkeeper welche seine Bechermoves mit grossartiger Akrobatik zum Besten gibt. Von der Decke herabhängend einzelne Vintage Edison Retro Lampen welche dem ganzen eine absolut harmonische Stimmung verabreichen.

Wenn ich nicht gerade die ausgelassene Meute beobachte oder am Strohhalm meines Amaretto Sour ziehe geniesse ich entspannten Blickes den funkelnden, sternenklaren Nachthimmel und bestaune gelegentlich eine Sternschnuppe mit glitzerndem Schweif. Wieder einmal werde ich mir der Tatsache bewusst, das Momente die im Vorfeld völlig belanglos erscheinen und ohne Erwartungen durchlebt werden die Besten sind. Ich verlasse diesen magischen Ort und nehme die erlebten Momente mit während ich mich zurück zu meiner Unterkunft begebe und gegen 4.00 in der Nacht schlafen gehe. Von wegen kleiner Spaziergang.

Ein neuer Morgen bricht an. Dank der sehr bequemen, leicht harten Matratze fühle ich mich grossartig, nein- ohne Ironie, ich habe herrlich geschlafen. Als erstes gehe ich eine ausgiebige Runde joggen und geniesse erneut die verschiedenen Eindrücke welche ich wieder von der Stadt erhalte. Etwas erhöht erreiche ich einen Hügel am Rande der Stadt mit einer Kathedrale. Die Aussicht auf den Hafen und das Opernhaus ist einfach nur grossartig. Etwas weiter unten erreiche ich noch einen Crossfit-Workout an welchem ich mich etwas austoben kann.

Wunderbar - Sportprogramm auch absolviert. Kurz geduscht erkunde ich die Stadt auf ein Neues. Ich betrete eine kleines Galerie-Café namens „Fox Hole“ welches sich abends in eine Wein und Cocktailbar verwandelt. Das Fox Hole bietet jungen Künstlern eine Plattform indem sie ihre Werke für einen kleinen Zeitraum ausstellen dürfen. Bei Verkauf der Bilder muss lediglich eine kleine Kommission an den Besitzer abgetreten werden, was äusserst fair ist. Alternative Stimmung hier, spannend und der doppelte Espresso einfach nur ein Traum.

Wieder auf der Strasse, begegne ich zahlreichen Strassenkünstlern und Musikanten welche wirklich unglaublich gut sind. Die Menschenmassen bleiben beim vorbei gehen stehen und schauen den Entertainern mit funkelnden Augen zu. Man könnte Stunden lang begeistert zu hören, aber langsam geht mir das Kollektengeld aus und ich begebe mich erneut in ein kleines gemütliches Café. Ich widme mich endlich wieder einmal der Verfassung einiger Seiten meines Reisetagebuches welches ich in Englisch versuche zu schreiben. Gute Übung, obwohl mein Wortschatz noch immer recht einseitig scheint. Ebenfalls habe ich mir einige Postkarten gekauft - eigentlich nicht so mein Ding, Karten zu schreiben, aber eine gute Möglichkeit um den Lieben zu Hause ein Lebenszeichen und ein paar Worte aus dem fernen Australien zu übermitteln. Nachdem alle Gedanken niedergeschrieben wurden wechsle ich das Café gegen ein Restaurant und gönne mir noch ein reichhaltiges Abendessen.

Da mein Flug nach Melbourne sehr früh am Morgen geht, werde ich heute einmal ausnahmsweise früh zu Bett gehen. Gute Nacht da Draussen! Weiter geht's in Melbourne.

Kapitel 10 – Melbourne

(Veröffentlichung am 08.06.2019 / 11.00)


25 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

ART room47

bottom of page