Wunderschön der Blick über den Regenwald mit seinem saftig grünen Blätterdach beim Anflug auf Cairns welches im Norden von Queensland liegt. Als ich aus dem Flugzeug steige bemerke ich sogleich die subtropische feucht-warme Luft. Ein völliger Kontrast zum milden, eher trockenen Klima in Perth im Westen von Australien. Etwas orientierungslos bewege ich mich mit meinem schweren Rucksack Richtung Innenstadt, ich unterschätze die Distanz und auch die schwüle Luft. Mein Rücken ist „Nass“, ekliges Gefühl. Nach einem längeren Fussmarsch erreiche ich mein Hotel, gezeichnet von aufgescheuerten Zehenzwischenräumen welche ich von der Reibung meines Flip Flop Zehenspalter-Bandes davon trage. Ein Indianer kennt keinen Schmerz, ok vielleicht bin ich doch kein Indianer, aber ich werde es überleben. Das Hotel liegt grundsätzlich nicht schlecht und Cairns Zentrum ist etwa mit einem 20 minütigen Fussmarsch erreichbar. Die Unterkunft erinnert mich an den Motel Stil in den USA. Auf zwei übereinander liegenden Stockwerken sind die Zimmer direkt über einen Laubengang zugänglich. Ich schliesse die Tür auf und bin überrascht wie gross das Zimmer ist. 2 Doppelbetten, grosser TV, grosses Bad, ok über die Sauberkeit lässt sich streiten, aber verhältnismässig günstig. Nach kurzem Verweilen, nehme ich das Flugzeug wahr, welches gefühlt nur wenige Meter über das Hausdach donnert, vielleicht ein weiterer Grund für die kostengünstige Unterkunft. Blick aus dem Fenster, kleiner Hinterhof mit Pool, welcher aber nicht gerade zum Verweilen einlädt. Kurz geduscht, bewege ich mich in Richtung Stadt. Sehr auffallend es stehen sehr viele Gebäude leer oder sind verwahrlost. Ich lasse den Abend bei einem kühlen Bier an einer Bar ausklingen und spaziere noch etwas herum. Todmüde falle ich ins Bett.
Es ist mitten in der Nacht, ich erwache aufgrund des flimmernden Fernsehers. Bin ich auf die Fernbedienung gelegen und habe den Fernseher angemacht? Nein! Die Fernbedienung liegt 3 Meter vom Bett auf dem Tisch entfernt. Es ist 02.30 in der Früh. Paranoia – Es gehen mir Filme wie Paranormal Activity und dergleichen durch den Kopf! Ich bin hellwach, irritiert. Knarrende Geräusche um mich herum, ein feiner Luftstrom zirkuliert im Zimmer, ich traue mich kaum zu atmen - Schockstarre. Ich kontrolliere den Raum, absolut nichts erkennbar, meine Atmung normalisiert sich langsam wieder! Ein erneutes Einschlafen gestaltet sich anfangs schwer, aber schlussendlich schlafe ich ein.
Neuer Morgen, neue Herausforderungen. Gähnend sitze auf dem Bett, strecke mich, als mir die Ameisenstrasse auffällt welche quer durch mein Zimmer verläuft. Die kleinen fleissigen Kollegen scheinen es streng zu haben. Ich steige vorsichtig über den dunklen, sich bewegenden Strom und gehe erst mal ins Bad um dem morgentlichen Druck nachzugeben. Die Ameisen scheinen sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen als ich erneut über sie drüber steige. Leben und leben lassen, wünsche den Herrschaften noch einen schönen Tag und mache mich bereit für das nächste Abenteuer.
Heute geht’s in den Dschungel! Ich fahre mit dem Bus zu einer nahegelegenen Talstation so zusagen das Tor zum Urwald. Über eine Seilbahn, dem sogenannten „Skyrail“, gleite ich über das tiefgrüne und dichte Urwalddach. Etwas mulmig ist mir schon, ich denke das könnte heissen, ich habe Höhenangst, war mir bisher gar nicht so wirklich bewusst. Es scheint mit dem Alter wird man vorsichtiger und ängstlicher. Ich steige aus, ein Pfad schlängelt sich direkt durch den Wald. Wunderschön gestaltet sich die atemberaubende Flora und Fauna dieser faszinierenden Umgebung, verschiede Tierlaute sind zu hören. Ich erreiche das absolut kommerzielle Aborigines Dorf „Kuranda“. Digeridoo spielende Kinder sollen den Umsatz ankurbeln. Wirkt recht authentisch dank ihrer Kleidung und traditioneller Bemalung. Trotzdem enttäuschend wie künstlich alles wirkt. Dann gehts zu einem nicht allzu grossen Zoo. Ich darf einen kleinen zotteligen Koala Bären in meinen Armen halten, der Spass kostet mich über 20 australische Dollar, aber denke das ist fast ein Touri-Must auf dieser unglaublichen Reise und unterstützt auch den Zoologischen Garten finanziell. Fühlt sich absolut flauschig an der Kleine. Nach einem Lunch geht’s mit einer alten Goldgräbereisenbahn zurück nach Cairns. Über halsbrecherische alte Eisenbahnbrücken, an tosenden Wasserfällen vorbei geniesse ich diese erfüllenden Momente. Glücksgefühle beleben meinen Geist. Bilderbuchpanorama!
Beim Spaziergang vom Bahnhof zurück in Richtung Unterkunft erinnere ich mich an meine letzte, eigenartige Nacht und versuche Erlebtes zu verdrängen. Nachdem ich mir beim Italiener um die Ecke noch mein Abendessen geholt habe sitze ich nun mit einer leckeren Pizza und einer erfrischenden Coke mit dem Laptop auf dem Schoss im Bett und geniesse eine Netflix Serie um Müde zu werden. Völlig überfressen von diesem fettigen käsigen Pepperochini-Salami Highlight schlafe ich tatsächlich nach einigen Minuten ein.
Der nächsten Morgen bricht an und die Sonne kitzelt mich aus dem Schlaf. Zum Glück, ich habe die Nacht ohne weitere mysteriöse Vorkommnisse überstanden und kann heute in ein Hotel etwas näher am Stadtzentrum wechseln. Fast schon Luxus, ich befinde mich nun im 8. Stock eines Mittelklasse Hotels. Das Badezimmer mit begehbarer Dusche und einer phänomenalen Regenbrause lädt förmlich zum Duschvergnügen ein. Vom Wintergarten habe ich einen atemberaubenden Blick auf den Ozean. Nett hier!
Wellness?! Schönheitsideal, Eitelkeit? Egal, die Haare wuchern meinen Rücken hinunter, fühle mich etwas pelzig. Kurzerhand im Internet gegoogelt, gehe ich zu einer Enthaarungsdame, ich liege auf eine Massageliege und eine zierliche Thailänderin bearbeitet zielgerichtet meinen kuschligen Rücken. Ok, vielleicht sind es auch nur ein paar lästige Stoppeln aber Haare sollten da sein wo sie hin gehören und das ist sicherlich nicht auf meinem Rücken. Unglaublich je älter man wird desto mehr Haare wachsen an unvorstellbaren Stellen am Körper während sie auf dem Haupt immer mehr dahin schmelzen. Die Schadenfreude ist der kleinen unscheinbaren Thai ins Gesicht geschrieben als sie sich an die Arbeit begibt. Die Wachsstreifen werden kurz auf Temperatur gebracht und Stück für Stück auf meinem Rücken fest verklebt. Raaatsch!!! AUTSCH! das Wasser schiesst mir in die Augen, schmerzverzerrt lasse ich es über mich ergehen, Streifen für Streifen. Klar, ich bin ja auch freiwillig hier. Wer schön sein will, zumindest haarfrei, muss leiden. Noch etwas Creme auf den irritierten knallroten Rücken und weiter gehts. Fühlt sich an als hätte mir jemand die Haut vom Rücken gezogen, und für das ganze habe ich auch noch Kohle hingeblättert!
Ich bin am Hafen, hole mir ein Ticket für die Überfahrt nach Fitzroy Island. Eine wunderschöne Insel mitten im Great Barrier Reef. An Bord lerne ich Micha kennen. Der erste Backpacker welcher älter ist als ich! Kuuler Typ, kommt aus dem schönen Dresden in Ostdeutschland, surft und fährt Long Board in seiner Freizeit. Er ist bereits Anfangs 40, da fühle ich mich mit meinen 33-Jährchen gleich viel jünger, denn die meisten Backpacker sind gerade einmal 20 oder ein wenig darüber. Micha und die anderen Kennengelernten gehen Kanu fahren, ich entscheide mich für SUP, die Kurzform für Stand Up Paddling. Die einzige Schwierigkeit ist es das Gleichgewicht zu halten. Gelingt mir recht gut. Im Anschluss wird geschnorchelt, zum ersten Mal. Etwas ungewohnt das Handling mit der Atemluft unter Wasser aber wunderschön was sich unter der Wasseroberfläche abspielt. Nach dem Schnorcheln gehts abschliessend auf einige Drinks an die farbenfrohe Inselbar mit Blick auf das türkise Wasser in der Lagune. Einfach atemberaubend hier, wir vergessen die Zeit. Ein Blick auf die Uhr zeigt, es ist bereits 17.53. Der Tag ist förmlich dahin geflogen und wir rennen zum Steg in der Bucht, denn unsere letzte Fähre legt in wenigen Minuten zum Festland ab. Puh! Hat gerade noch gereicht, das Boot legt ab und wir steuern Cairns an, welches etwa innerhalb 40 Minuten erreicht wird. Micha, ich und der in Fitzroy kennengelernte Heiko, ebenfalls aus Deutschland gehen noch zusammen Abendessen. Dort lernen wie die sehr sympathische Anna-Maria aus Leipzig kennen welche in Deutschland als Ärztin arbeitet und sich eine Auszeit genommen hat um die grosse weite Welt zu bereisen. Auch dieser abwechslungsreiche und intensive Tag neigt sich langsam wieder dem Ende zu.
Unglaublich die ersten 4 Wochen sind nun vorüber und waren vollgepackt mit unvorstellbaren Erlebnissen, wunderschönen Eindrücken, viel Kuriosem und netten Kurzzeit Bekanntschaften. Ich bin gespannt was ich sonst noch alles erleben werde in den nächsten Wochen. Bereits Morgen gehört Cairns schon wieder der Vergangenheit an. Ursprünglich wollte ich die restliche Strecke an der Ostküste bis nach Melbourne mit dem Greyhound Bus fahren aber ich entscheide mich trotzdem dazu die grossen Städte von Brisbane über Sydney nach Melbourne mittels Kurzstrecken Flügen miteinander zu verbinden. Mal schauen was in Brisbane für Überraschungen auf mich warten.
Kapitel 8 – Brisbane
(Veröffentlichung am 25.05.2019 / 11.00)